Am 28. Januar 2024 standen in Solingen mehr als 6.000 Menschen für Demokratie und Vielfalt, gegen Rechtsextremismus, rechte Hetze und Rassismus zusammen. Zu Wort kamen acht Redner:innen mit verschiedenen Perspektiven, dazu gab es zwei Musikbeiträge und eine Abschlussrede des Oberbürgermeisters. Wir möchten bei folgenden Veranstaltungen gerne weitere Gruppen einbinden. Zur Planung und Organisation laden wir in Kürze ein.

An dieser Stelle möchten wir die Redebeiträge zum Nachlesen veröffentlichen. Die Redner:innen sprechen für ihre jeweilige Gruppe oder Institution.


Hans-Werner Bertl für das Bündnis „Solingen ist Bunt statt Braun“

Vor 79 Jahren, am Morgen des 27. Januar 1945 befanden sich im Konzentrationslager Auschwitz, das von Soldaten der roten Armee befreit wurde, noch etwa 7000 überlebende Gefangene. […] Welche Hoffnungen, welche Gedanken sind vier Jahre später, vor 75 Jahren wohl den Mitgliedern der verfassungsgebenden Versammlung, den vier Frauen und 61 Männern und den fünf nicht stimmberechtigten Vertretern West-Berlins am 8. Mai 1949 durch den Kopf gegangen?

Viele von ihnen hatten in der Zeit des Nationalsozialismus unter Verfolgung, Berufsverbot oder Inhaftierung gelitten. Einige hatten ins Ausland fliehen müssen, fünf waren in einem KZ interniert gewesen. Andere blickten auf mehr oder weniger einflussreiche Karrieren während der NS-Zeit zurück. Und dennoch, sie haben sich zusammengefunden und uns, die wir nach ihnen in Verantwortung für die Menschen in unserem Land und der Erde leben und handeln, ein klares Gebot ins Stammbuch geschrieben: […] Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Fotos: Lars Breitzke


Isabell Acosta Tumi und Trojane Rexhepaj für den Jugendstadtrat

Es ist wichtig, ein Gemeinschaftsgefühl für alle zu entwickeln, unabhängig von Herkunft, Nationalität, Religion, Geschlecht und Aussehen. Als Gesellschaft müssen wir sicherstellen, dass jeder Mensch die gleichen Rechte, Regeln und den gleichen Respekt erfährt. Als Jugendstadtrat wollen wir präsenter sein, da junge Menschen die Zukunft des Landes und eines demokratischen Staates repräsentieren. Der Kampf für den Erhalt eines freien Landes, in dem niemand zurückgelassen wird, steht für uns an oberster Stelle. Nur so können wir Gerechtigkeit für alle einfordern.

Fotos: Daniela Tobias und Lars Breitzke


Joachim Hiller für den „Cow Club“

Wir sehen in vielen Ländern in Europa was passiert, wenn Rechte, Rechtsextreme, Faschisten an die Macht kommen oder an der Macht sind.  Wir haben gesehen, wie bis vor kurzem die Lage in Polen war und wo die Bevölkerung jüngst das Steuer herumgerissen hat. […] Kunst und Kultur werden vielfach mit finanzieller Förderung aus kommunalen, Landes- und Bundestöpfen ermöglicht. Soziokulturelle Zentren, Theater, Museen, Kulturinitiativen wie Cow Club und Waldmeister sind darauf angewiesen, wohlwollend mit der Lokalpolitik, den Behörden, den Entscheidern zusammenzuarbeiten, damit ihr vielfach ehrenamtliches Engagement sich entfalten kann. Gerade Solingen mit seinem Zentrum für verfolgte Künste hat hier eine besondere Verantwortung. Denn wenn rechte Entscheider einmal die Möglichkeit dazu haben sollten, werden sie alles tun, um freie Kulturarbeit zu behindern, zu unterdrücken und zu beschneiden.

Fotos: Daniela Tobias


Hayat Chanfouh, Susanne Koch, Rahat Chaudry und Gisela Köller-Lesweng für das Internationale Frauenzentrum Solingen

Besonders bewegend war das Gespräch von Susanne Koch vom Internationalen Frauenzentrum in Solingen und den beiden Frauen Hayat Chanfouh aus Marokko und Rahat Chaudry aus Pakistan. Auf die Frage, wie es ihr aktuell ging, entgegnete Chaudry nämlich mit: „Ich habe Angst.“ Hayat Chanfouh berichtete von einer Situation, die ihr vor wenigen Wochen erst wieder passiert sei. Ein Mann habe sie und ihren Sohn einfach auf offener Straße beleidigt. „Daraufhin wollte ich einfach nur weg. Doch wohin? Deutschland ist mein Zuhause.“ Und so ginge es aktuell vielen Frauen, die wieder vermehrt unter Alltagsrassismus und Diskriminierung leiden müssten. Aus diesem Grund folgte auch von den beiden Frauen der deutliche Appell zum Wählen. „Das ist das aller wichtigste. Wir dürfen nicht zulassen, dass die AfD an die Macht kommt“, sagte Rahat Chaudry abschließend. (Solinger Tageblatt, 28.1.2024)

Fotos: Daniela Tobias


Jupp Scheurer mit dem Lied „Solingen ist bunt…“

Meine Welt ist bunt nicht braun
ich lass mir nicht mein Leben klau’n
Zeit aufzusteh’n und sich zu trau’n
ich kann auf meine Freunde bau’n.
Meine Stadt ist bunt nicht braun
lass nicht meine Nachbarn klau’n
und meine Freunde nicht verhau’n
Solingen ist bunt nicht braun.

Fotos: Lars Breitzke


Dietmar Gaida für den Solinger Appell

Es ist erschreckend, dass der Vorsitzende der „Werteunion“, Hans-Georg Maaßen von 2012 bis 2018 Präsident des Verfassungsschutzes sein konnte. Jetzt ist er aus der CDU ausgetreten und will die Werteunion in die Parlamente bringen. Dabei schließt er eine Koalition mit der AfD von Björn Höcke ausdrücklich nicht aus. Genauso erschreckend ist, dass der Bayrische Landtag vor vier Tagen mit den Stimmen von CSU und Freien Wählern zwei Kandidaten der AfD zu ehrenamtlichen Richtern an Bayerns Verfassungsgerichtshof gewählt hat. Es bedarf stattdessen einer wirklichen Mauer gegen die Rechten. […] Rechtsextremismus ist nicht zu bekämpfen, indem dessen Sprache und dessen Forderungen übernommen werden. Alle Verantwortlichen in den Medien und in der Politik müssen sich fragen, ob sie dazu beitragen, Menschen mit internationaler Geschichte, finanziell Schwächere und Minderheiten herabzuwürdigen und so die die Spaltung und den Hass zu befördern.

Fotos: Lars Breitzke und Daniela Tobias


Detlef Wagner für den Solinger Sportbund

Der Sport ist nicht nur ein Ort des körperlichen Wettstreits, sondern auch ein Raum, in dem wir die Werte verteidigen, die unsere Gesellschaft stark machen. Deshalb rufe ich heute und hier als Vertreter der Sportgemeinschaft in Solingen dazu auf, mit uns gegen rechte Gewalt aufzustehen und als Gesellschaft ein starkes Zeichen zu setzen. Jeder von uns kann einen Beitrag leisten, indem er ein Bewusstsein für die Bedeutung der Demokratie schafft, Diskussionen fördert und die Werte des Sports – Fairness, Respekt, Toleranz und Teamgeist – vermittelt. […] Lassen Sie uns dieses Ziel mit sportlicher Ausdauer, Zielstrebigkeit und Entschlossenheit verfolgen. Die Kraft des Sports liegt nicht nur im Wettbewerb, sondern auch in der Fähigkeit, positive Veränderungen in der Gesellschaft zu bewirken.

Fotos: Lars Breitzke und Daniela Tobias


Günter Bischoff für die VVN-BdA Kreisvereinigung Solingen

Hunderttausende Bürger, die jetzt auf die Straße gehen, sind ein ermutigendes Zeichen für einen wachsenden Widerstand gegen rechts. Doch dabei darf es nicht bleiben. Wir brauchen einen langen Atem und anhaltenden Protest gegen die AfD und die braunen Menschenfeinde, wo immer sie sich auch zeigen. Wir haben es in der Hand, wohin sich dieses Land entwickelt. Auf Verfassungsschutz und Justiz zu hoffen, das zeigen die Vorgänge um die Mordbande des NSU deutlich, wird uns in der Auseinandersetzung kaum helfen. Was wir brauchen, ist eine andere Politik, die nicht der AfD in die Karten spielt. […] Wer glaubt der AfD Stimmen wegnehmen zu können, indem man ihre Losungen und Forderungen übernimmt, der stärkt nur die Höckes und Weidels, denn im Zweifel wählt der Deutsche lieber das Original.

Fotos: Daniela Tobias


Ilka Werner für den Arbeitskreis Christlicher Kirchen

Steht auf für Demokratie und Vielfalt!
Wehrt euch gegen jede Partei, die Rassismus und Antisemitismus im Programm hat.
Steht zu den jüdischen Geschwistern!
Steht zu der internationalen Gemeinschaft der Kinder Gottes!
Versteckt euch nicht hinter der Aussage: Wir sind nicht politisch.
Das zieht nicht, wenn die politische Freiheit als ganze gefährdet ist. Und das ist sie, jetzt, heute, bei uns!
Ich bin sehr, sehr froh, dass heute so viele gekommen sind, und dass in diesen Tagen überall im Land so viele sichtbar auf die Straßen gehen. Es kommt jetzt darauf an, die Freiheit zu verteidigen. Und die Freiheit ist unteilbar, sie gibt es nur für alle.

Fotos: Daniela Tobias und Lars Breitzke


Gloria und Frank Göllmann mit dem Lied „Demokratie“

Erst hab ich gedacht, Mensch, ich werd‘ nicht mehr
immer kommt von irgendwo ein rechter Depp daher
hab‘ schon viel gehört, geseh’n, aber das ist jetzt zuviel
ich kann es nicht mehr hör’n, ich kann es nicht mehr seh’n.
Keiner hat gesagt, das alles einfach sei
mutig musst Du sein, selbstbewusst und frei
wir haben keine Angst, die Zukunft kommt bestimmt
wir sind frei und gleich und wissen was Menschenrechte sind […]
Demokratie, ist das, wofür wir steh’n!

Fotos: Lars Breitzke und Daniela Tobias


Oberbürgermeister Tim Kurzbach

Oberbürgermeister Tim Kurzbach schloss die Veranstaltung mit einer kurzen Rede vor den Türen des Solinger Rathauses. Dabei antwortete Kurzbach auch auf die Sorgen seiner Vorrednerinnen, der Frauen aus Marokko und Pakistan: „Wir stehen zu euch. Wir schützen euch. Habt keine Angst.“ Das sei darüber hinaus an alle Solinger gerichtet, die sich momentan durch den aufkeimenden Rechtspopulismus nicht sicher fühlen würden. Abschließend bekam der Oberbürgermeister großen Applaus für seine deutliche Positionierung: „Rechtsextremismus ist keine Meinung. Das ist ein Verbrechen.“ (Solinger Tageblatt, 28.1.2024)

Fotos: Daniela Tobias


Weitere Plakat-Statements aus der Demo hat Yannick Monschau fotografiert: