Die Solinger Gegner der Corona-Schutzmaßnahmen unter dem Label „Solingen in Bewegung“ aka „Solinger Widerstand“ (ehemals „Freiheitsboten“) erfährt seit der Diskussion um eine allgemeine Impfpflicht on- und offline regen Zulauf. Ein Rechercheteam von „Solingen ist Bunt statt Braun“ hat sich die Gruppe genauer angeschaut und überprüft, ob die Selbstdarstellung („Netzwerk aus kritischen, friedlichen Solingern aus der bürgerlichen Mitte, in dem extremistische Ansichten und Gewalt keinen Platz haben“) der Wirklichkeit standhält oder ob der „Solinger Widerstand“ nicht vielleicht doch ein Sammelbecken für QAnon– und sonstige Anhänger:innen von Verschwörungserzählungen ist, die teils antisemitische Einstellungen und ein problematisches Verhältnis zu unserer demokratischen Grundordnung mitbringen.

An den als „Spaziergang“ deklarierten wöchentlichen Demonstrationen nahmen in der Spitze über 500 Personen teil. Bis zum 17. Januar 2022 verliefen die angemeldeten Versammlungen weitgehend friedlich. An diesem Montag jedoch eskalierte die Situation, da die Versammlungsleiterin die Auflagen der Ordnungsbehörden bezüglich der Maskenpflicht und der Kontrolle von Ausnahme-Attesten nicht mittragen wollte. Sie eröffnete daher die Versammlung nicht und entfernte sich. Etwa 150 Teilnehmende setzten sich dennoch gemeinsam in Bewegung anstatt die Versammlung aufzulösen. Die Kundgebung konnte erst nach einiger Zeit von der Polizei aufgelöst werden, es wurden Platzverweise erteilt und Strafanzeigen wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie eine Strafanzeige wegen Landfriedensbruch gestellt.

Durch das Banner „Wir sind die rote Linie“, das die Gruppe jeden Montag vor sich hertrug, reihten sie sich unverkennbar in die bundesweite Protestbewegung ein, die in vielen Städten immer wieder auch durch Gewalt auffällt und sich in einem Ausnahmezustand wähnt, der dies rechtfertigt. Auch in einem der Logos der Solinger Gruppe prangte der Hinweis auf Artikel 20, Absatz 4 des Grundgesetzes (Recht auf Widerstand gegen einen diktatorischen Staat).

Nachdem die Telegram-Gruppe des „Solinger Widerstands“ im letzten Jahr monatelang bei rund 200 Mitgliedern vor sich hin dümpelte, stieg die Teilnehmendenzahl im Dezember und Januar auf inzwischen um die 1.200 (Stand Februar 2022). Verschwörungsglauben, Antisemitismus, Demokratiefeindlichkeit und völkischer Nationalismus wurden und werden immer wieder offen oder über Andeutungen und Links unkommentiert verbreitet, lediglich expliziten Gewaltphantasien wurde bislang widersprochen. Am 3. Februar 2022 wurden nach kritischen Nachfragen von einem Neumitglied über die Ziele der Gruppe plötzlich sämtliche Inhalte beider Telegram-Kanäle komplett gelöscht. Auch das Neumitglied wurde aus der Gruppe entfernt.

Wir haben auf unserer Facebook-Seite seit dem 5. Januar in loser Folge anhand von Beispielen dokumentiert, welche problematischen Inhalte immer wieder auch seitens der Administrator:innen Verbreitung finden. Die Beiträge haben wir dort inzwischen wieder gelöscht, um den unsäglichen Entgleisungen keinen weiteren Raum zu geben. Sie können sie aber hier als pdf nachlesen. Die Screenshots wurden in ihren Kontext eingeordnet und mit weiterführenden Links versehen.

P.S.: Wir respektieren die Ausübung des demokratischen Rechts auf Meinungsfreiheit. Es ist legitim über die Corona-Maßnahmen kritisch zu diskutieren und diese Kritik durch gewaltfreie Protestformen auszudrücken. Das ist sowohl online als auch auf Solingens Straßen ungehindert möglich. Wer sich diesen Protesten anschließt, sollte jedoch wissen in welcher Gesellschaft er sich befindet.